Mittwoch, 2. März 2011

Das Versagen der Schweizer Verleger

Der WW-Kommentator Kurt W. Zimmermann beschreibt in seiner letzten Kolume den Greisenclub der Schweizer Verleger mit deren Haudegen Lebrument an der Spitze. Er wirft ihnen Innovationsunfähigkeit vor und verbindet das mit dem Alter der Akteure. Das ist so falsch wie blöd. Einer der rührigsten Verleger der Welt heisst Rupert Murdoch. Ihm mangelnde Innovationsfähigkeit zu attestieren wäre ein Zeugnis der Ignoranz. Aber vielleicht ist Murdoch nicht nur ein Rekationär alter Schule, sondern ein Business-Genie. Das würde ihn von den Schweizer Verlegern wesentlich unterscheiden.

Das Schlimmste an der mangelnden Fantasie im Schweizer Verlagsbusiness ist das Versagen vor der für sich in Anspruch genommenen Funktion der vierten Kraft in der Demokratie. Solange ihre Printprodukte Absatz und Werbegeldzufluss hatten, konnten sie diese Rolle einigermassen spielen. Doch seit das alte Geschäftsmodell in Frage gestellt ist, fanden sie kein neues.
Zimmermann beklagt, dass die gescheiten Ideen im Internet von Jüngeren stammen. Nicht nur das, sie stammen auch von Jüngeren,die nicht in der Schweiz leben, aber vom Schweizer Markt profitieren. Dass sowohl Steve Balmer von Microsoft wie auch Eric Schmidt von Google Schweizer Wurzeln haben, belegt, dass das Unvermögen nicht am Schweizer Pass liegen kann.
Sowohl Google wie auch Microsoft wissen über den Schweizer Konsumenten mehr Bescheid als ein jeder Schweizer Verlag. Das muss man sich einmal vor Augen führen.

Allmählich wird auch bekannt, dass selbst ausländische Buchverlage mehr über Schweizer BuchleserInnen wissen als jeder Schweizer Buchverlag. Dies darum, weil das Datensammeln sich nicht auf Google und Facebook beschränkt, sondern dass E-Book-Benut^zer genauso getrackt werden. Jedes Blättern, jedes Bookmarken und bei Adobe 's Reader das Markieren von Textstellen, wird registriert und äuffnet die Wissensdatenbanken der ausländischen New Media Unternehmen.

Hierzulande löst diese Tatsache eine Hysterie aus. Big Brother wird bemüht und die ganze Palette der Datenschutz Diskussion, warum das alles so eine Sauerei sei. Dieses Zetter und Mordio bedarf keiner Expertise, in dieses Horn können auch Redaktionspraktikanten blasen und die alten Knacker, wie sie Zimmermann in der WW beschimpft.

Dabei geht es bei der Datensammlerei aber gar nicht. Niemand interessiert sich für die geheimen Laster eines Kurt W. Zimmermanns. Die Datensammlerei dient nämlich dazu, den Markt besser zu verstehen. Trends und Bedürfnisse früher zu erkennen als alle anderen, neue Geschäftsfelder zu entdecken als alle andere. Verlage brauchen andere, neue Geschäftsfelder, das Kerngeschäft, das Zeitungs- und Buchdrucken hat in kommender Zukunft keine vernünftige ökonomische Basis mehr, es braucht eine Multichannel-Strategie, nicht auf Papier, sondern in der Umsetzung.

Darum würde es bei Schweizer Zeitungsverleger nämlich gehen, damit sie die Verantwortung als vierte Macht im Staate wieder ausfüllen könnten: den Schweizer Markt und die Schweizer Bürger besser zu verstehen. Das aber geht nur, wenn man sich auch für die BürgerInnen und nicht nur für die KonsumentInnen interessieren würde. Und das geht nur, wenn man die Hausaufgaben macht und nicht damit spekuliert, die von Rechtsaussen angegriffene SRG zu beerben.

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